Die Planstadt Eisenhüttenstadt (vormals Stalinstadt) entstand ab 1950 rund um das Eisenhüttenkombinat vom Reißbrett und bestand anfänglich nur aus Zuzüglern. Die Bevölkerung schwoll kontinuierlich an auf etwas über 50.000, um dann nach der Wende auf unter 25.000 zu schrumpfen.
Für das Projekt Eisenhüttenstadt zwischen Modell und Museum vom Kunstverein Neuzelle beschäftigten wir uns mit der Relevanz und Wirkung von offiziellen Fotos, die die vorbildliche Entwicklung der sozialistischen Modellstadt aufzeigen sollten. Auf der Suche nach dem 'Neuen Menschen' wurde Eisenhüttenstadt immer wieder ausgiebig fotografisch dokumentiert.
12. Story: Blick auf Eisenhüttenstadt
13. Story: Im Kinderwochenheim
14. Story: Räuber und Gendarm
Original-Foto: wahrscheinlich Martin Lücke.
Aus dem Bildband ‚Stalinstadt. Neues Leben - Neue Menschen‘ von Heinz Colditz und Martin Lücke, Kongress-Verlag Berlin, 1958.
Herr R., der als ca. 8-jähriger Junge auf dem Bild an der Säule steht, hatte uns das Foto mitgebracht.
Er erinnert sich, dass er damals gerne Räuber und Gendarm spielte und mit dem Springseil die Polizeiuniform nachahmte. Die kleineren Kinder durften kurz vor dem Mittagessen - auf dem Foto ist es 11.20 Uhr - durch den Hof rennen, damit sie guten Hunger bekamen.
An den Fotografen kann Herr R. sich nicht erinnern. Auch bekam er damals keinen Abzug und entdeckte das Bild erst Jahre später in einer Zeitschrift.
Herr R. wünschte sich eine Nachstellung dieses Fotos zu seinem 70. Geburtstag. Er ist genauso alt wie Eisenhüttenstadt und lebt hier seit seinem 4. Lebensjahr.
Sein Lebensresümee:
Ich habe mein Leben gelebt, wie es sein sollte.
Aber auch, wie ich es wollte.
Das Bild wurde mit Schülern und Erzieherinnen der Pestalozzi-Schule nachgestellt.
15. Story: But
Auch dieses Original-Foto aus Frau C.‘s Privatbesitz ist nicht wirklich privat. Es entstand 1981 vermutlich für ein Brigadetagebuch an der Poliklinik.
Fotos sollten die monatlichen Berichte auflockern, deren Anfertigung als lästig empfunden wurde. Offiziell galt das Brigadetagebuch als:
„ein wesentlicher Faktor beim Bilden des sozialistischen Bewusstseins und somit unerlässlich für das Erfüllen der ökonomischen Hauptaufgabe. Es soll in möglichst mannigfacher Weise und kontinuierlich alle wichtigen Geschehnisse über das sozialistische Arbeiten, Lernen und Leben der Brigade widerspiegeln.“
aus: Wie schreiben wir unser Brigadetagebuch, Ursula Langspach-Steinhaußen, 1970
Fast 40 Jahre später stellt Frau C. die Szene aus ihrem Berufsleben noch einmal nach.